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Erbschaftsberatung einer Bank

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Mit den erlaubten Rechtsdienstleistungen im Sinne von § 5 RDG im Rahmen der Vermögensplanung einer Bank sowie mit der verbotenen außergerichtlichen Erbschaftsberatung einer Bank hatte sich jetzt das Landgericht Freiburg zu befassen:

Die im Rechtdienstleistungsgesetz verankerten Regelungen über die Zulässigkeit einer selbständigen Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen sind beachtliche Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG. Der Grundsatz der Vollharmonisierung steht dem nicht entgegen.

Fremde Rechtsangelegenheiten besorgt derjenige, der eine Tätigkeit ausübt, die das Ziel verfolgt und geeignet ist, konkrete fremde Rechte zu verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu gestalten. Eine Rechtsbesorgung ist jedoch nicht schon bei jeder Tätigkeit gegeben, die auf die Verwirklichung oder Gestaltung konkreter Rechte gerichtet ist. Das Rechtsdienstleistungsgesetz beruht nicht auf der Vorstellung, dass Streitigkeiten über die Durchsetzung von Forderungen und Verbraucherinteressen stets mit dem Schwerpunkt auf rechtlichem Gebiet und als Rechtsstreitigkeit geführt werden und damit diesem Gesetz unterliegen. In der täglichen Praxis gibt es auch andere Wege der Streitbewältigung. Zur Abgrenzung erlaubnisfreier Geschäftsbesorgung von erlaubnispflichtiger Rechtsbesorgung ist auf den Kern und den Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen, weil eine Besorgung wirtschaftlicher Belange vielfach auch mit rechtlichen Vorgängen verknüpft ist. Richtet sich die entfaltete Tätigkeit auf Ermittlungen zum Sachverhalt oder die Einholung von Auskünften, handelt es sich noch nicht um die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten. Eine unterstützende Dienstleistungen für Dritte wird nicht allein deshalb zur Rechtsbesorgung, weil ohne Kenntnis des maßgeblichen Rechts jede sachangemessene und wirksame Hilfeleistung unmöglich ist.

Im vorliegenden Verfahren wendet sich die Klägerin nicht gegen den mit Verteilung des angegriffenen Prospekts begangenen konkreten Verstoß, vielmehr abstrahiert sie bewusst und macht den jeweils typischen Unrechtsgehalts der von ihr angegriffenen Werbung streitgegenständlich. Deshalb ist für jede der angegriffenen Werbeaussagen, die ersichtlich nicht kumulativ, sondern alternativ beanstandet werden, zu prüfen, ob das jeweils Charakteristische der konkret angegriffenen Verletzungshandlung erfasst ist (so genanntes Konkretisierungsgebot).

Dass die Bank eine rechtsbesorgende Tätigkeit bewirbt, ist nicht erkennbar. Die insoweit allenfalls in Betracht kommende Berechnung der Erbschaftssteuer fällt aus dem Regelungsbereich verbotener rechtsbesorgende Tätigkeit von vornherein heraus. Vielmehr handelt es sich dabei um eine untergeordnete Tätigkeit rechtsanwendender Art. Vergleichbares gilt bezüglich der ohnehin nur im Zusammenhang mit “Beratungsleistungen” beworbenen Vorsorgevollmacht. Eine Vorsorgevollmacht dient dazu, eine andere Person zu bevollmächtigen, im Namen und mit Wirkung für den Vollmachtgeber Erklärungen abzugeben, zu denen der Vollmachtgeber selbst infolge des Verlusts der Geschäftsfähigkeit nicht mehr in der Lage ist (vgl. Palandt/Diederichsen BGB 69. Aufl. vor § 1896 Rdnr. 5). Hierbei handelt es sich um eine nach § 5 Abs. 1 RDG erlaubten Nebenleistung. Die Bank macht zu Recht geltend, dass der Hinweis auf die Notwendigkeit einer Vorsorgevollmacht auch in ihrem Interesse notwendig ist und im übrigen durch verschiedene Behörden, unter anderem auch durch die verschiedenen Justizministerien beworben wird. Dass die Bank damit wirbt, Testamente mit Wiederverheiratungsklausel, Eheverträge oder Regelungen einer modifizierten Zugewinngemeinschaft zu erstellen, ist nicht ersichtlich. Insoweit geht der klägerische Unterlassungsantrag mangels Wiederholungsgefahr fehl. Für eine Erstbegehungsgefahr ist nichts vorgetragen.

Allerdings bewirbt die Bank durchaus Beratungsleistungen im Bereich einer ihr verbotenen fremden Rechtsberatung. Aus ihrer Werbung ergibt sich, dass der angesprochene Kreis zum einen kostenlose, zum anderen aber kostenpflichtige Beratungsleistungen erwartet, die gestaffelt angeboten und je nach Umfang der Beratung mit unterschiedlichen Gebühren verbunden sind. Bereits in dem Grundpaket werden Informationen über individuelle Gestaltungsmöglichkeiten beim Erbrecht angeboten. Nach dem Gesamtzusammenhang des Werbeflyers wird dem Kunden Beratung und Information zugeschnitten auf seine individuellen Bedürfnisse angeboten. Bei der Art der hier zu beurteilenden Werbung lässt sich zwischen Information und Beratung nicht unterscheiden. Dies ergibt sich nicht nur aus der auf der Vorderseite des Werbeprospekts ersichtlichen Sprechblase, wonach die dort konkret dargestellte Person sich ausführlich habe beraten lassen und frühzeitig die Weichen gestellt habe, sondern auch aus dem auf der Rückseite befindlichen Text und der Verwendung des Wortzusammenhangs “individuelle Gestaltungsmöglichkeit”. Individuell heißt auf den jeweiligen Einzelfall bezogen. Abstrakte Informationen, wie das jeweilige rechtliche Regelungsbedürfnis befriedigt werden kann, würden dem Erwartungshorizont des mit den dargestellten Aussagen konfrontierten Verbrauchers nicht gerecht. Die beworbenen individuellen Gestaltungsmöglichkeiten beim Erbrecht sind damit im Sinne des Angebots der Rechtsberatung der Kunden in ihren jeweiligen Erbrechtsangelegenheiten zu verstehen.

Aus denselben Gründen erfasst der Klagantrag “Vorschläge für die Testamentsformulierung… ” die in dem Prospekt angesprochenen “Ideen für Testamentsformulierung inklusive Pflichtteilsansprüche” zutreffend und umschreibt damit für dieses Gebiet die der Bankn verbotene Rechtsberatung.

Dasselbe gilt bezüglich “Gestaltungsmöglichkeiten beim Nießbrauch”. Auch hier wird einerseits individuelle Rechtsberatung beworben, andererseits greift die Klägerin mit ihrem Antrag genau eine solche auf. Das “Vorstellen von Gestaltungsmöglichkeiten bei Nießbrauch” mag isoliert gesehen eher vergleichbar zu allgemeiner, nicht verbotener Information über die abstrakte Rechtslage sein. Die Klägerin arbeitet mit der Einleitung ihres Verbotsantrags “für im Einzellfall zu erbringende … Tätigkeit” das Charakteristische der Verletzung, nämlich die Rechtsberatung in einem konkreten Fall ausreichend heraus und wahrt damit (noch) das dargestellte Konkretisierungsgebot.

Demgegenüber können die in Klagantrag b) nachfolgend erfassten Handlungsalternativen im konkreten Zusammenhang der angegriffenen Werbung nicht als verbotene Rechtsberatung qualifiziert werden. Mangels Wiederholungsgefahr kann die Bank insoweit nicht auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Diese Formulierungen stammen nämlich sämtlich aus den mit dem Komfortpaket angebotenen “zusätzlichen Leistungen”, die durch Fettdruck als “Financial Planing” bezeichnet werden. Damit angesprochen ist die langfristige, teilweise über Generationen hinweg gedachte Vermögensplanung. Hierbei handelt es sich um eine wirtschaftliche Beratungstätigkeit, die zu dem Kerngebiet des Bankgeschäfts gehört. Ausweislich des vorgelegten Auszugs aus der Satzung der Bankn ist Zweck der Genossenschaft die wirtschaftliche Förderung und Betreuung ihrer Mitglieder. Gegenstand des Unternehmens ist die Durchführung von banküblichen und ergänzenden Geschäften, unter anderem die Vermögensberatung, Vermögensvermittlung und Vermögensverwaltung. Der von der Werbung der Bankn angesprochene Kundenkreis erwartet diesbezüglich eine im wesentlichen auf den wirtschaftlichen Gegebenheiten beruhende Beratung. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass die Bank sich insoweit als Begleiter bei Gesprächen mit Steuerberatern, Rechtsanwälten und Notaren aus ihrem Netzwerk im Zusammenhang mit dem angesprochenen “Financial Planing” anbietet. Die eigentliche rechtsberatende Tätigkeit wird hiernach von den jeweils nach ihren beruflichen Voraussetzungen kompetenten und in erlaubter Weise handelnden Personen erbracht. Eine unzulässige Rechtsberatung ist hiermit nicht beworben.

Die anhängig gemachten Anträge wären, auch soweit sie überhaupt nach den vorgestellten Überlegungen begründet sein könnten, von vornherein unbegründet, wären die nach dem klägerischen Antrag zu untersagenden Verhaltensweisen nicht schlechthin, sondern nur unter bestimmten Voraussetzungen, nämlich wie von der Bankn geltend gemacht, gegenüber Nichtmitgliedern wettbewerbswidrig, weil die Klägerin vorliegend bewusst davon abgesehen hat, den konkreten Wettbewerbsverstoß streitgegenständlich zu machen (vgl. im einzelnen Hefermehl/Köhler/Bornkamm UWG 27. Aufl. § 12 Rdnr. 2.44). Letzteres ist jedoch nicht der Fall.

Entgegen der Auffassung der Bankn geht der klägerische Antrag nicht über das zulässige Maß hinaus. Mit Recht vertritt die Klägerin die Auffassung, dass nach der Formulierung ihres Unterlassungsantrags auch die Werbung gegenüber Mitgliedern der Bankn verboten sein soll. Selbst nach Neufassung von § 2 Abs. 2 j) der Satzung, wonach zum Gegenstand des Unternehmens auch die Durchführung von Testamentsvollstreckungen und rechtsnaher Dienstleistungen sowie Beratungen im Bereich Erben, Vererben und Testamentserstellung im Rahmen des RDG gehören, ist die Bank zu einer derartigen Tätigkeit nicht befugt. Die Bank beruft sich insoweit zu Unrecht auf ihr Privileg nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr.2 RDG, wonach Rechtsdienstleistungen erlaubt sind, die Genossenschaften im Rahmen ihres satzungsmäßigen Aufgabenbereichs für ihre Mitglieder erbringen, soweit sie gegenüber der Erfüllung ihrer übrigen satzungsmäßigen Aufgaben nicht von übergeordneter Bedeutung sind. Vorliegend ist es nicht erforderlich, grundsätzlich den Bereich erlaubter rechtsberatender Tätigkeit von Genossenschaften auszuloten. Die hier gebotene objektive Auslegung der Satzung ergibt, dass die Bank ihre Mitglieder im Bereich Erben, Vererben und Testamentserstellung beraten will. Dass damit eine über die von ihr in Anspruch genommene wirtschaftliche Beratung hinausgehende Rechtsberatung gemeint wäre, ist nicht erkennbar. Dementsprechend spricht sie in dem angesprochenen Absatz auch nur von rechtsnahen Dienstleistungen. Die Erwähnung des “RDG” lässt keinen Schluss darauf zu, dass die Bank damit gemeint haben könnte, sie wolle nun Rechtsberatung im Sinne dieses Gesetzes betreiben. Dementsprechend hat die Bank, wie in der mündlichen Verhandlung ausgiebig erörtert worden ist, keinerlei Versuche unternommen, den hohen Anforderungen nach § 7 Abs. 2 RDG gerecht zu werden: Dass der zuständige Mitarbeiter ein “zertifizierter Erbschaftsplaner” ist, ist ersichtlich ungenügend. Die Zusammenarbeit mit Notaren und Rechtsanwälten ersetzt eine Anleitung nicht, wie der Verweis auf § 6 Abs. 2 Satz 2 RDG belegt.

Auch das Anbieten und damit schon das Bewerben verbotener Rechtsdienstleistungen ist wettbewerbswidrig. Dass vorliegend der Schutz des Verbrauchers spürbar beeinträchtigt wird, stellt auch die Bank nicht in Abrede.

Landgericht Freiburg, Urteil vom 21. Mai 2010 – 12 O 184/09


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