Hat der Rechtsanwalt durch das Verjährenlassen einer Forderung des Mandanten eine Pflicht aus dem Anwaltsvertrag verletzt, dann entsteht der Schaden mit der Vollendung der Verjährung, wobei es unerheblich ist, ob sich der Gegner bereits auf die Einrede berufen hat. Zwar ist die Verjährungseinrede nur zu berücksichtigen, wenn sie von dem Schuldner erhoben wird, nach der Lebenserfahrung ist aber zumindest bei streitigen Ansprüchen davon auszugehen, dass der Schuldner von dieser Einrede Gebrauch machen wird.
Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt erst dann, wenn der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Im Rahmen einer Rechtsberatung kann allerdings nicht darauf verwiesen werden, dass dem Mandanten mit der Durchführung der Beratung bereits alle Umstände bekannt sind, die eine Haftung begründen können.
Zu den den Anspruch begründenden Umständen gehört auch, dass für den Gläubiger Anhaltpunkte gegeben sind, die auf eine nicht ordnungsgemäße rechtliche Beratung schließen lassen. Dem Gläubiger muss es – wie etwa in Fällen einer ärztlichen Fehlbehandlung – möglich sein, aus den ihm bekannten Umständen Schlüsse zu ziehen, die eine Pflichtverletzung des Schuldners nahelegen.
Dies kann der Fall sein, wenn sich der Prozessgegner bereits auf Verjährung berufen hat oder dem Mandanten die Möglichkeit der Verjährung bewusst war.
Hinweis: Diese Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen erging auf der Grundlage der verjährungsrechtlichen Vorschriften der §§ 194 ff. BGB, da auf den Fall nicht mehr die früheren Sonderverjährungsregelungen für Rechtsanwälte Anwendung fanden, weil der Schaden nach dem 15.12.2004 entstanden ist.
Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 17. Oktober 2012 – 1 W 37/12